THIERRY ZABOITZEFF & CREW: MISSA FURIOSA
A 2003, 44´
Musikdokumentation. Gedreht im Posthof Linz, Oberösterreich, beim Brucknerfest 2002
Beim Eintritt in den Posthof-Saal bekam das Publikum zum Naschen Pfefferminzplättchen. Wer sie sich auf der Zunge zergehen ließ, konnte sich schwerlich der Assoziation mit einer Hostie erwehren.
Dies war der kokettere Teil des Spiels mit der christlichen Messe. Thierry Zaboitzeff dekonstruiert nicht. Die Komposition ist eigenständig und lässt die Zuhörerschaft erleben, dass Konsequenz auch jenseits von Strenge möglich ist. Oder humanistisch betrachtet: Nicht Religion ist die Antwort auf Sinnsuche und Verletzlichkeit des menschlichen Daseins, sondern Religiosität. Und Religiosität benötigt keine gemauerten Kathedralen. Ihre Kathedrale kann die Stille eines Waldes genauso sein wie der Klangraum von Musik.
Die künstlerischen Wurzeln Thierry Zaboitzeffs liegen im Prog-Rock und Jazz der 1960er und 1970er-Jahre. Oft singt er in seiner eigenen Kunstsprache, für die Missa hatte er eine tote Sprache gewählt: Latein.
Der Musiker mit Wohnsitz nach Salzburgs wurde 1953 als Spross russischer, spanischer und französischer Vorfahren in Nordfrankreich geboren. Als Kind saß er oft bei seinem Großvater, einem Kirchenorganisten, im Chorgestühl. Dort ließ sich Zaboitzeff beeindrucken vom Pomp der Musik, vom Pathos, vom Gestus der Messe, den Glocken. Das alles hat seinen emotionalen Zugang, sein Verständnis von Musik geprägt.
Die “Missa Furiosa” ist ein Werk großer Gesten am Rande des Pomp. Rock ´n´Roll, Jazz, Bands wie King Crimson, das Mahavishnu Orchestra, die Chansons von Serge Gainsbourgh haben Zaboitzeff beeinflusst. “Gloria”, Sanctus” oder “Kyrie” ertönen als Sound- und Rhythmusstrukturen zwischen Klassik, Techno, Ethno und Jazz. Die Bühnenshow unter Regie des Parisers Stephane Verité spielt teils ironisch, teils poetisch mit Elementen des christlichen Ritus – seinen Symbolen, der Segnung, der Predigt, der Prozession.
Wie die Musik oszilliert auch die theatralische Darstellung zwischen Sehnsucht und Provokation. Es ist der Dichte der Komposition und der Rolle Zaboitzeffs als Bass spielender pontifex maximus auf der Bühne zu danken, dass das Staunen über ein Werk großer Intensität und großer Emotionen nachwirkt.
REGIE & SCHNITT Harald Friedl
KAMERAS Bernhard Pötscher, Gerald Helf, Harald Friedl
MUSIKTON Philippe Corbert
PRODUKTION Harald Friedl / Iva Lirma
GEFÖRDERT VON Land Oberösterreich, Stadt Salzburg